Was Sie beim Inhalt des Franchisevertrags unbedingt beachten sollten
Der Franchisevertrag ist ein komplexes und individuelles Konstrukt. Im Zuge des Aufbaus eines Franchisesystems wird bei dessen Erstellung häufig auf Vorlagen und Muster zurückgegriffen, die jedoch nur Oberflächliches beinhalten. Wichtige Details und notwendige Überlegungen kommen dabei in der Regel zu kurz oder bleiben unbeachtet.
Dieser Blogbeitrag beleuchtet, welche Fallstricke und wichtige Überlegungen es beim Aufbau eines Franchisesystems und vor der Konzeption des Franchisevertrags zu berücksichtigen gilt.
Bei der Erstellung des Franchisevertrags wird zu kurz gedacht
Der Ansatz, den viele angehende und junge Franchisegeber verfolgen, ist oft derselbe. Sie führen ein erfolgreiches Unternehmen, planen ihre Expansion durch den Einstieg in die Franchisewirtschaft und erfahren dabei, dass sie einen Franchisevertrag und ein Franchisehandbuch brauchen.
Junge und angehende Franchisegeber bedienen sich im Zuge dessen online an Mustern und Vorlagen für Franchiseverträge. Voreilig wollen sie viele Partner gewinnen, die die geplante Markterschließung zügig vorantreiben.
Eine genauere Präzision der Franchisenehmerprofile, der Franchisepartnerschaft mitsamt exakt definierter Expansionsplanung und dem daraus resultierenden Expansionspfad, erfolgt oft erst mit zunehmender Systemreife. Ohne eine sinnvolle Franchisestrategie und dem passenden Franchisevertragskonzept, die diese Aspekte aufgreifen, wird das Projekt sein Potenzial mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausschöpfen können oder gar scheitern.
Der Franchisevertrag sollte das angebotene Partnerschaftsmodell transparent abbilden
Der Franchisevertrag regelt die Arbeitsteilung sowie die Rechte und Pflichten von Franchisenehmer und Franchisegeber im jeweiligen System. Er ist ein hochindividuelles Dokument und für die Partnerakquisition mitentscheidend. Starke und motivierte Interessenten wird man mit unzureichenden Vertragsdokumenten nicht von einer Franchisepartnerschaft überzeugen können.
Beispiel: Einstiegs- und Franchisegebühren
Entscheidungen, wie z.B. die Höhe der Einstiegs- und Franchisegebühren werden im Zuge der Erstellung eines Franchisevertrages voreilig gefällt. Viele junge Franchisegeber wissen nämlich nicht, warum sie genau so viel (oder so wenig) fordern können und sollten, damit das Franchiseangebot kostendeckend und fair vermarktet werden kann.
In der betrieblichen Praxis zeigt sich: oft finden junge Franchisegeber erst gar keine oder zu wenige Franchisenehmer. Die Einstiegs- sowie die laufenden Franchisegebühren sind bspw. zu hoch bemessen und rechtfertigen die unzureichende Unterstützung des Franchisegebers für seine Franchisenehmer nicht.
Sollten sie doch einige Franchisenehmer finden, bleibt die angestrebte Markterschließung häufig auf der Strecke. Denn sind die Franchisegebühren zu gering bemessen, kann der Franchisegeber kein wirkungsvolles Marketing ausrollen oder es fehlen ihm die finanziellen Mittel, seine Franchisenehmer ausreichend durch Aus- und Fortbildungsangebote zu unterstützen.
Welche Überlegungen sollten Franchisegeber also anstellen, damit sie die Vorteile eines mit Bedacht aufgesetzten Franchisevertrags für ihre Expansion nutzen und erfolgreich sein können?
Vermeiden Sie typische Fehler junger Franchisegeber bei der Erstellung des Franchisevertrags
Die Antwort ist simpel. Bevor Sie einen fachkundigen Franchiseanwalt mit der Erstellung eines Franchisevertrags beauftragen, sollten Sie sich mit dem Thema Franchise ganz genau auseinandersetzen und es zuallererst verstehen. Was kann ich mit Franchise erreichen, was muss ich dafür tun und wie beteiligt sich der Franchisenehmer? Der folgende Fragenkatalog kann für Sie bei Ihrer Vorbereitung zum Systemaufbau hilfreich sein:
1) Das Franchisenehmer-Unternehmen präzisieren:
Wie gestalten sich Einkaufsprozesse, wie sieht die Arbeitsteilung zwischen Franchisenehmer und Franchisegeber aus und was soll der Franchisenehmer im Verlaufe der Franchisepartnerschaft unternehmen und erreichen? Was sind die Vorteile Ihres Franchisesystems gegenüber dem Einzelunternehmertum und gegenüber anderen Franchisesystemen?
2) Ihre Leistungen als Franchisegeber klarstellen:
Welche Unterstützung bieten Sie Ihren Franchisenehmern bei deren Marktbearbeitung und inwieweit spielt die Franchisezentrale dabei eine Rolle? Wie können Sie die Franchisezentrale und die Franchiseexpansion ressourcenschonend und profitabel aufbauen?
3) Warenbezugsbindung bestimmen:
Welche Produkte und Dienstleistungen sollen über den Franchisegeber und/oder seine Lieferanten bezogen werden? Und welche kann und muss der Franchisenehmer selbst beschaffen? Wie hoch können die Rückvergütungen und Kickbacks, die Sie als Franchisegeber verlangen können, ausfallen?
4) Markt- und Werbeauftritt definieren:
Wie soll der Franchisenehmer am Markt auftreten und wie soll und/oder muss er sich an der Expansion beteiligen? Soll der Franchisenehmer nur Waren verkaufen und Dienstleistungen erbringen oder soll er auch seinen Markt erobern und mit neuen Standorten und/oder größeren Teams wachsen?
5) Profitabilität und Finanzierung transparent darlegen:
Sind die nötigen Investitionen des Franchisenehmers als Unternehmer stemmbar, kann er mit seinem Unternehmen gutes Geld verdienen und weiteres Wachstum realisieren?
6) Franchisenehmerprofil beschreiben: Welche sind die Anforderungen an Franchisenehmer, mit denen der Franchisegeber in Zukunft wachsen kann und will? Soll es sich vor allem um Gründer oder vielmehr um bestehende Unternehmer und/oder Unternehmen handeln? Welches Franchisekonzept unterstützt die einen, die anderen oder beide am besten und effektivsten?
Fazit
Die Beratungspraxis zeigt, dass sich junge und noch unerfahrene Franchisegeber viele der beschriebenen Gedanken nach dem ersten Jahr und den ersten abgeschlossenen Franchiseverträgen machen. Ein Umstand, der vielen Franchisegebern zwei ihrer knappsten Ressourcen kostet: Sie verlieren wertvolle Zeit bis zum Erfolg und sie verlieren Investitionskapital, da das Franchisesystem nach einem Fehlschlag häufig neu aufgestellt werden muss.
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